Was heißt "Kassenzulassung", "Kassensitz", "Vertragsbehandler"?
Dafür, dass es in einer Versorgungsregion ausreichend viele Behandler wie bspw. Neurologen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Psychotherapeuten gibt, sorgt die regionale Bedarfsplanung der KV Hessen. Rein rechnerisch gibt es in Hessen eine Überversorgung an Psychotherapeuten. Dass diese Rechnung mit dem tatsächlichen Bedarf jedoch nicht immer übereinstimmt, haben Sie vielleicht schon gemerkt, wenn Sie sich bereits auf die Suche nach einem Psychotherapeuten mit Kassensitz begeben haben - die Wartezeiten betragen in der Regel mindestens mehrere Monate.
Was heißt Kostenerstattungsverfahren?
Zur Sicherstellung der psychotherapeutischen Versorgung sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen jedoch verpflichtet (s.o.), einen qualifizierten Behandler zur Verfügung zu stellen. Das Sozialgericht lehnt Wartefristen, die über sechs Wochen hinaus gehen, als unzumutbar ab. Mehr als fünf vergebliche Anfragen sind dem Versicherten aus fachlichen Gründen und im Sinne des Gebots einer humanen Krankenbehandlung nicht zuzumuten. Dabei ist es nicht die Aufgabe des Patienten, einen Behandlungsplatz zu beschaffen, wenn keiner zur Verfügung steht.
Das heißt: Wenn die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkasse nicht zeitnah einen Vertragsbehandler (eine Liste erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse) bereit stellen können, sind die Voraussetzungen für eine Behandlung bei einem gleich oder höher qualifizierten Behandler ohne Kassensitz im Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 SGB V erfüllt.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat 1997 (Aktenzeichen 6 RKa 15/97) Bedingungen genannt, unter denen eine rechtskonforme Kostenerstattung gemäß Sozialgesetzbuch (SGB V) für Leistungen von Psychologischen Psychotherapeuten möglich sind:
Der Antrag des Versicherten auf Durchführung der Behandlung muss durch einen zur
psychotherapeutischen Vertragsbehandlung berechtigen Behandler befürwortet werden (sog. Notwendigkeits- bzw. Dringlichkeitsbescheinigung von Fach- oder Hausarzt).
Leistungen in der Kostenerstattung dürfen nur für die in den Psychotherapie-Richtlinien zugelassenen Verfahren erbracht werden, z. B. Verhaltenstherapie.
Leistungen in der Kostenerstattung (gem. § 13 Abs. 3 SGB V) dürfen nur vergütet werden, wenn ein an der vertraglichen Versorgung beteiligter Psychotherapeut nicht zur Verfügung steht.
Quelle: Psychotherapeutenjournal 2/2004, S. 194 - 195.
Merkblatt zur Kostenerstattung
Die Anzahl der Kassensitze in Hessen ist aktuell geringer als der Bedarf an qualifizierten Psychotherapeuten. Da es den Patienten nicht zuzumuten ist, lange auf einen Behandlungs-platz zu warten, erlaubt der Gesetzgeber das Kostenerstattungsverfahren nach § 13,3 SGB V.
Das Kostenerstattungsverfahren bedeutet, dass Ihre Krankenkasse nach Antrag prüft, ob die Behandlung auch von gleich oder höher qualifizierten Behandlern übernommen werden können, die sich noch in der Wartezeit auf einen Kassensitz befinden, d. h. noch nicht direkt mit den Krankenkassen abrechnen können. Als solche verfügen diese - genau wie ein kassenzugelassener Kollege - über die Approbation und den Eintrag im Facharztregister der Kassenärztlichen Vereinigung in Hessen.
Das Kostenerstattungsverfahren ermöglicht im Zuge der Unterversorgung eine zeitnahe psychotherapeutische Behandlung bei gleicher Qualifikation der Psychotherapeuten, jedoch sind zusätzlich zu dem "normalen Kassenantrag" ein formloser eigener Antrag und ein Nachweis erforderlich, dass Sie schon mindestens fünf kassenzugelassene Kollegen erfolglos konsultiert haben, da diese eine Wartezeit über 3 Monate haben. Der Konsiliarbericht vom Psychiater (oder Hausarzt) wird auch bei einem regulären Antrag fällig.
Über das Vorgehen informiere ich Sie ausführlich in unserem Erstgespräch. Hier die einzelnen Schritte im Überblick:
1.
Sie setzen ein formloses Schreiben an Ihre Krankenkasse auf, in dem Sie Ihren Wunsch nach Aufnahme einer Verhaltenstherapie darstellen und begründen.
2.
Sie legen einen Nachweis vor, dass Sie trotz mehrerer (mindestens fünf) Versuche, keinen Psychotherapeuten für eine baldige Behandlung gefunden haben (z. B. Telefonnotizen, Namen der Behandler).
3.
Sie suchen einen Psychiater, Neurologen, Facharzt für Psychotherapie oder auch Ihren Hausarzt auf. Dieser füllt dann einen Konsiliarbericht aus, den Sie von mir bekommen. In dem Konsiliarbericht muss für einen unabhängigen Gutachter die Dringlichkeit einer psychotherapeutischen Behandlung plausibel werden - Notwendigkeits- bzw.Dringlichkeitsbescheinigung. (Dies ist auch Bestandteil bei einem "normalen Kassenantrag".)
Wenn Sie Ihre Unterlagen beisammen haben (formloser Antrag, fünf dokumentierte Versuche, Konsiliarbericht vom Fach- oder Hausarzt), kann ich bei Ihrer Krankenkasse einen Antrag auf Kostenerstattung für Psychotherapie stellen. Die Behandlung beginnt, sobald Ihre Krankenkasse die Übernahme der Kosten zugesichert hat oder auch umgehend, falls Sie die anfallenden Kosten im Falle einer Ablehnung durch die Krankenkasse selbst übernehmen.